Syd Atlas liest aus ihrem Roman

Die in Berlin lebende amerikanische Autorin Syd Atlas liest in der Evangelischen Versöhnungskirche in der Johannesstraße am Freitag, dem 12. Mai, um 19.30 Uhr aus Ihrem neuen Roman „Es war einmal in Brooklyn“. Tickets für 10 Euro erhalten Sie in der Buchhandlung „Das Buch in Eilendorf“, von-Coels-Straße 52.
In einem Interview hat uns die Autorin Syd Atlas einen kleinen Einblick in ihr Leben und ihre Motivation des Bücherschreibens gegeben.

Eilendorf aktuell: Eine amerikanische Autorin mit Wohnsitz in Berlin liest in der evangelischen Versöhnungskirche in Eilendorf aus ihrem aktuellen Roman. Wieso kommen die Eilendorfer in den Genuss, Sie persönlich kennenzulernen?

Syd Atlas: Nachdem mein Buch veröffentlicht wurde, hat Marcel Emonds von ‚Das Buch in Eilendorf‘, mein Buch für eine Besprechung auf WDR2 ausgewählt. Ich bedankte mich bei ihm und fragte, ob Eilendorf genauso schön wie Brooklyn sei. Er antwortete es sei sehr schön, aber dass es bestimmt anders schön wäre. So kam unser erster Kontakt zustande.
Mein erstes Buch „Das Jahr ohne Worte“ wurde während der Pandemie veröffentlicht, und ich hatte nur eine einzige Lesung. Jetzt möchte ich jedoch so viele Lesungen wie möglich machen, um in Austausch mit meinen Leserinnen und Lesern zu treten. Schreiben ist eine einsame Tätigkeit – man sitzt alleine vor dem Papier oder dem Bildschirm. Doch bei Lesungen hat man endlich die Gelegenheit, mit anderen in Kontakt zu treten. Feedback zu erhalten und auf Reaktionen zu reagieren.

E.A.: Ihr erster Roman „Das Jahr ohne Worte“ hatte autobiographische Züge. Auch Ihr aktueller spielt im Brooklyn der 1970er Jahre, in der Stadt, in der Sie zu dieser Zeit aufgewachsen sind. Was hat Sie dazu bewegt, Romane mit Ihrer eigenen Geschichte zu verbinden?

Atlas: Mein erstes Buch war ein Memoir, eine vollständig wahre Geschichte. Ich war mir nicht sicher, was ich als nächstes schreiben sollte, und mein Agent ermutigte mich, einen Roman zu schreiben. „Es war einmal in Brooklyn“ spielt wo ich aufgewachsen bin, aber ansonsten ist es vollständig fiktiv.
Ich erinnere mich noch gut an den berühmten Blackout, aber ich wollte nicht nur über den Stromausfall schreiben, darüber gibt es schon genug Berichte. Mich hat interessiert, was im Dunkeln passiert. Der Blackout in meinem Roman ist der Katalysator, der eine Kettenreaktion auslöst, die das Leben unserer Hauptcharaktere für immer beeinflussen wird.

E.A.: Er spielt im Sommer 1977 in New York. Am 13. Juli des Jahres gab es dort einen massiven Stromausfall mit teils katastrophalen Folgen. Vor allem in Armenvierteln kam es zu Plünderungen. Sie waren damals noch ein kleines Mädchen, welche Erinnerungen haben Sie an diese Nacht?

Atlas: Ich wuchs auf in Bay Ridge, Brooklyn, wo nur ein paar Straßen weiter Saturday Night Fever gefilmt worden war, und das dafür bekannt ist, mehr Friseure und Bars pro Quadratmeter zu haben, als irgendwo sonst in der Welt. Bässe dröhnen dort aus Autos und Männer tragen mehr Goldschmuck als Frauen.
Die Nacht fühlte sich an wie Weihnachten im Juli. Meine Eltern, mein Bruder und ich gingen hinaus in die heiße Sommernacht. Nachbarn verteilten Eis, Kinder spielten auf der Straße, Radios dudelten Musik und Baseballspielübertragungen. Ich hatte keine Ahnung, dass nur wenige Kilometer entfernt brannte und geplündert wurde.

E.A.: Wie kommt eine junge Frau auf die Idee von Brooklyn nach Berlin zu ziehen und wieviel Heimat ist hier mittlerweile für Sie?

Atlas: Ich habe während meines Studiums ein Semester in London verbracht und mich in Europa verliebt.
Im Deutschen gibt es einen Unterschied zwischen Zuhause und dem bedeutungsschweren Wort Heimat. Im Englischen ist beides Home. Für mich ist Home überall dort, wo ich länger als eine Stunde schlafen kann.
Mein eigentliches Home ist jetzt Berlin, aber ich komme aus New York, habe also zwei Homes. Das ist, wie wenn sich deine Eltern scheiden lassen. Nicht unbedingt eine schlechte Sache.
„Es war einmal in Brooklyn“ handelt davon, dass man manchmal gewohnte Orte verlassen muss, um sich selbst zu finden. Von Verbindungen zu Menschen, die man kappen muss, um frei zu sein von jahrelang versteckten Gefühlen, die endlich das Licht der Welt erblicken. Es geht um das Chaos, das Liebe anrichten kann. Und ich glaube, es geht auch darum, nach Hause zu kommen.

E.A.: Gibt es schon eine neue Idee für einen weiteren Roman?

Atlas: Ja, ich bin angefixt vom Schreiben und arbeite momentan an meinem nächsten Roman. Beim Coaching versuche ich, die Geschichten aus meinen Klienten herauszulocken, während ich beim Schreiben selbst auf eine Entdeckungsreise gehe und herausfinde, was noch in mir steckt. Es bleibt spannend.

E.A.: Vielen Dank für das Interview und die sehr interessanten Einblicke in Ihr Leben und Arbeiten!